Mobbing zur Chef-Sache machen

Mobbing tritt auch in mittelständischen Unternehmen zunehmend auf. Dass die Lösung von Problemen Aufgabe von Vorgesetzen und nicht nur von Einzelnen ist, wird dabei oft verkannt. Dabei lassen gerade systemische und gruppendynamische Aspekte das Problem erst eskalieren. Es ist nicht nur ein individuelles Thema, auch wenn es zunächst in einer Beziehung zwischen zwei (oder mehreren) Menschen beginnt. Oft geht es dabei um Macht oder Machterhalt. Der Auslöser wird aber nicht offen thematisiert wird, und der Konflikt bleibt ungelöst. Im Laufe der Zeit tritt der Auslöser in den Hintergrund, aber die Aggressivität bleibt.

Zum Mobbing Problem werden ungelöste verdeckte Konflikte erst durch gruppendynamische Prozesse. Überlastung und Unzufriedenheit können dazu führen, dass ein Team oder eine Gruppe von Personen sich unbewusst einen Sündenbock sucht und das Mobbing passiv oder aktiv dudelt. Das Team rückt so auch tatsächlich enger zusammen, der Gemobbte hingegen wird langsam aber sicher ausgegrenzt. Es kommt vor, dass die Teamleitung dies zulässt oder sogar mitmacht, denn Schuldverschiebung ist ein bewährtes Prinzip zur persönlichen Entlastung und Auslagerung von Konflikten.

Klatsch, Gerüchte und selektive Wahrnehmung

Das vergiftende Element beim Mobbing ist das Verborgene, Schleichende und Subtile. Viele Teams merken gar nichts von der Mobbing-Dynamik, deren Toxizität sie bereits erfasst hat.

Der Gemobbte kann sich gegen die Gerüchte meist gar nicht wehren. Er oder sie beginnt, an sich oder der eigenen Wahrnehmung zu zweifeln und wird in eine passive Situation, ständige Verteidigung oder Kapitulation gedrängt. Im veränderten Kontext wird die Zielperson von den Kollegen selektiv negativ wahrgenommen, ihre  Aussagen und Handlungen werden anders gedeutet und bewertet, es kommt zu Klatsch, übler Nachrede, oder die Zielperson wird lächerlich gemacht.

Mobbing kann jedoch nicht stattfinden, wenn die Abteilungsleitung destruktive Kommunikation klar unterbindet. Das ist nicht nur eine Frage der Werthaltung. Mobbing führt auch zu Kosten für das Unternehmen. Das Gefühl von Ausgrenzung oder Schädigung des sozialen Ansehens kann beim Mobbing Opfer zu psychosomatischen Stressreaktionen, einer Posttraumatischen Belastungsstörung oder sogar Depression führen. Seit rund zehn Jahren ist Mobbing daher auch justiziabel.

Wie kann von der Team- und Unternehmensleitung vorgebeugt werden

  1. Wichtig ist es, ein Kommunikationsklima des miteinander statt übereinander Redens zu kultivieren. In einer Kultur der Offenheit, in der Konflikte ausgetragen werden können, ohne Nachteile befürchten zu müssen, traut sich der Einzelne frühzeitig, Stimmungsmache oder versteckte Angriffe öffentlich anzusprechen.
  2. Ernstnehmen der Betroffenen. Mobbing benennen. Es kann jeden treffen. Besonders Menschen, die sich mit ihrer Arbeit überidentifizieren sind gefährdet. Wer sich und andere nur über Leistung definiert, wird anfällig für Mobbing, als Opfer wie als Täter. Schön reden hilft nicht: „So schlimm wird es schon nicht sein!“ „Das bildest Du Dir nur ein.“ Diese weitverbreiteten Reaktionen verschlimmern das Problem, statt es zu lösen.
  3. Genau hinschauen. Vorurteilsfrei hinter die Fassade der verteilten Rollen blicken. Eine genaue Analyse der Situation, der Handelnden, der Vorfälle und Haltungen ist nötig. Es ist oft schwer, herauszufinden, wer überhaupt hinter dem Mobbing steckt und was das Motiv ist. Wenn ein Team eine Mobbingsituation toleriert oder sogar mitmacht, ist es meist schon länger überlastet, überfordert, chronisch unterfordert oder demotiviert. Hier ist Klarheit und Veränderungsbereitschaft gefordert.
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